Nachbarrecht

1. Verjährungsprobleme beim Astüberhang

Nach § 910 in Verbindung mit § 1004 BGB kann der Eigentümer eines Grundstückes Zweige oder Äste, die von einem auf dem Nachbargrundstück wachsenden Gehölz hinüberragen, entfernen.

Nach § 910 BGB kann der betroffene Eigentümer diese Arbeit selbst vornehmen, wenn er dem störenden Nachbarn eine angemessene Frist zur Beseitigung aufgegeben hat. Nach § 1004 hat der belästigte Grundstückseigentümer einen Anspruch gegen den Nachbarn, dass dieser selbst die Überhänge beseitigt. Dieser Anspruch gegen den störenden Nachbarn unterliegt allerdings der Verjährung. Seit der Angleichung der Verjährungsvorschriften an europäische Rechtsverhältnisse im Jahr 2008 wurde in § 197 BGB die Regelverjährungsfrist auf drei Jahre festgesetzt. Dies bedeutet im Überhangsfall, dass drei Jahre, nachdem der überhängende Ast über die Grenze gewachsen ist, vom Nachbarn die Beseitigung nicht mehr verlangt werden kann (gem. § 1004). Es verbleibt dann bei dem Selbstbeseitigungsrecht des betroffenen Nachbarn gem. § 906. Dieses unterliegt nicht der Verjährung.

2. Hinauswachen von Einzelgehölzen aus einer Hecke.

Nach § 26 Abs. 3 NRG unterliegt der Anspruch auf Zurückschneiden von Hecken (höhenund seitenmäßig) nicht der Verjährung. Wenn allerdings Einzelgehölze aus der Hecke baumartigen Charakter angenommen haben, entsteht oft das Problem, dass für Bäume, die nicht innerhalb des nachbargesetzlichen Grenzabstandes stehen, der Beseitigungsanspruch in fünf Jahren verjährt. Beim Hinauswachsen früher, zur Hecke gehörender Gehölze muss der Charakter dieser Emporkömmlinge so deutlich baumartige Eigenschaften annehmen, dass sie als nicht mehr zur Hecke gehörig angesehen werden können. Streitfälle sind hier vorprogrammiert. Beim Beginn des Emporwachsens aus der Hecke sollte daher die Beseitigung verlangt werden.

3. Schattenwirkung

Der Bundesgerichtshof befasste sich in einem Urteil vom 10.07.2015 damit, inwieweit ein Gartenbesitzer eine weitgehende Verschattung seines Grundstücks durch in einem öffentlichen Park hochgewachsene Eschen dulden muss. Hier stellte der BGH fest, dass der Entzug von Luft und Licht eine sogenannte negative Einwirkung sei, die nicht von den Regelungen des § 906 (z. B. Gerüche / Geräusche) erfasst sei.

Ein Abwehranspruch wegen der Verschattung könne in Betracht kommen, wenn das Eigentum eine erhebliche Beeinträchtigung erfahre. Dabei müsse aber die Verschattung durch die hohen Eschenbäume eine ungewöhnlich schwere und nicht mehr hinzunehmende Beeinträchtigung bewirken.

Bei der Bewertung der beiderseitigennachbarlichen Interessen müsse berücksichtigt werden, dass bei Einhaltung des gesetzlichen Grenzabstandes der Pflanzende grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass durch die landesrechtlich vorgeschriebenen Grenzabstände den Bedürfnissen des Nachbarn auch in Zukunft ausreichend Rechnung getragen würde.

Unbillige Ergebnisse müssten allerdings im Rahmen des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses nicht hingenommen werden. Einzubeziehen in die Abwägung sei hier, dass die Eschen nicht eine ganzjährige vollständige Verschattung der Gartenfläche schaffen und dass die öffentliche Grünanlage wegen der Luftverbesserung, der Gewährung von Naherholungsräumen und als Rückzugsort für Tiere hohe Bedeutung genieße. Die Verschattung sei Ausdruck einer Situationsgebundenheit des beeinträchtigten Grundstückes, das am Rande einer öffentlichen Grünanlage gelegen sei.