Laubholz-Misteln in Streuobstwiesen und deren Bekämpfung

Biologie

Bei der Mistel handelt es sich um einen Halbschmarotzer. Das heißt, die Mistel verfügt über ein spezielles Verankerungssystem, den Haustorien (vergleichbar mit Wurzeln), mit denen sie dem Obstbaum Wasser und Nährstoffe entziehen. Andererseits kann die Mistel mit ihren immergrünen Blättern die Photosynthese eigenständig betreiben. Daher der Begriff Halbschmarotzer. Bei der Mistel handelt es sich um eine zweihäusige Pflanze. Das bedeutet, dass es auf einer Pflanze entweder nur weibliche oder nur männliche Blüten gibt. Daher können auch nur die weiblichen Pflanzen Früchte tragen. Bei den Früchten handelt es sich um weiße „Beeren“, die botanisch gesehen runde ein- bis zweisamige Scheinbeeren sind.

Verbreitungsweise

Diese weißlichen Beeren reifen zumeist im Dezember heran und stellen für die Vögel, insbesondere für verschiedene Drosselarten, eine willkommene Nahrungsquelle dar. Über die Vögel findet die Verbreitung statt. Entweder streifen die Vögel die Beeren, die von einem zähem Schleim (auch „Weißer Vogelleim“ genannt) umgeben ist, am Wirtsbaum ab. In der Beere befinden sich ein oder zwei Keimlinge, die dann direkt mit ihren Saugwurzeln in das Holz einwachsen können. Der andere Weg findet über den Kot der Vögel statt. In beiden Fällen können die Misteln zu kugligen Büschen heranwachsen, die einen Durchmesser bis zu einem Meter betragen können. Das Wachstum des Keimlings zur Jungpflanze dauert anfangs langsamer, später wächst die Pflanze jedoch schneller. Innerhalb von sieben Jahren entsteht eine kleine Kugel. Eine weibliche Pflanze kann bereits früh Beeren tragen und sorgt so für die weitere Verbreitung. Da die Vögel zumeist die obere Baumkrone anfliegen, erfolgt eine vertikale Verbreitung, also von oben nach unten im Obstbaum.

Problem Fehlende Altbaumpflege bei Streuobstbäumen

Da der Marktpreis für das Obst seitens der Keltereien, Brennereien usw. oft zu niedrig ist, sind viele Obstbaumbesitzer nicht bereit, das Obst zu ernten. Wenn das Obst bedingt durch geringe Erträge höhere Preise am Markt erzielt, wird das Obst zur Kelterei gebracht. Eine Pflege der Altbäume geschieht in der Regel nicht. Es ist bekannt, dass durch den Obstbaumschnitt die Qualität der Früchte hinsichtlich der wertbestimmenden Inhaltsstoffe und Aromen erheblich gesteigert wird, worauf die Keltereien meist Wert legen. Denn nur aus guter Ausgangsware entsteht nur ein guter Saft. Durch die fehlende Pflege der Altbäume verwahrlosen diese und altern frühzeitig. Gleichzeitig kann sich die Mistel ungehindert ausbreiten. Die ohnehin geschwächten Obstbäume werden durch den Mistelbefall noch mehr geschwächt und können binnen kurzer Zeit regelrecht zusammenbrechen. Beim Obstbaumschnitt wurde früher die Mistel, soweit sichtbar, gleich mit entfernt. Ungepflegte Nachbarflächen fördern die ungehinderte Verbreitung der Mistel, die sich dann in der beschriebenen Weise auch auf den gepflegten Streuobstbäumen ansiedelt.

Problem Pappeln & Co

Entlang von Wirtschaftswegen, Uferböschungen, Hängen usw. wurden früher verschiedene Laubgehölze gepflanzt. In erster Linie waren dies Pappeln, die hauptsächlich zur Streichholzgewinnung gewerblich genutzt wurden. Und gerade diese in der Landschaft stehenden Pappeln werden mit Vorliebe von der Mistel als Wirt genutzt. Von hier aus findet eine Verbreitung wie beschrieben auf andere Laubgehölze wie Weide, Birke, Ahorn etc. sowie auf Apfel- und Birnbäumen statt. Die Pappeln besitzen sozusagen einen Kulturgutstatus und man möchte sie deshalb erhalten, ebenso aus landschaftsprägenden Gründen.

Ökologie

Die Streuobstwiesen werden behördlicherseits naturschutzfachlich sehr hoch bewertet. Dies zeigt sich in diversen Gutachten, wenn es um Ausgleichsflächen für Baumaßnahmen geht sowie bei staatlichen Fördermaßnahmen seitens der EU. Durch die Kombination von Wiese und Obsthochstämmen besitzen Streuobstwiesen eine hohe Artenvielfalt: Man spricht von ca. 5000 Pflanzen- und Tierarten. Naturschutzbehörden und Biologen warnen vor einer Ausrottung der Mistel, wenn eine intensive Bekämpfung mit deutscher Gründlichkeit erfolgt. Als Beispiel wird der Maikäfer genannt, der als ausgerottet galt und plötzlich wieder auftauchte. Er stand sofort unter Naturschutz. Diese Gefahr gibt es bei der Mistel momentan nicht, da es neben Apfelbäumen zahlreiche weitere Wirtspflanzen gibt. Die Mistel ist aus ökologischer Sicht interessant, da sie zur Bereicherung im Ökosystem beiträgt. Einzelne Misteln können in einer Streuobstwiese bereichernd sein.

Laubholzmistel in der Mythologie und Heilpflanzenkunde

In der Mythologie verehrten die Hohepriester der Druiden in Gallien und Britannien die Laubholzmistel. Man schrieb der Mistel „Zauberkräfte“ zu, die im Kampf gegen die Feinde helfen sollten. Noch immer ist es Brauch, Mistelzweige über die Haustüre zu hängen, um so Schutz vor bösen Geistern zu haben. Auch in der Heilpflanzenkunde schreibt man der Mistel eine Bedeutung zu. In neuerer Zeit hat man die Mistel für die Arznei entdeckt. Die Inhaltsstoffe Glykoproteine, Viscotoxine u.a. sollen das Immunsystem anregen. Auch sind Mistelpräparate in Testung gegen Tumore (Quelle: Dr. Martina Melzer, Apotheken-Umschau August 2013).